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Category: Zitiertes

Ein etwas anderer Kerker

Ein etwas anderer Kerker

Im alten China, im ersten Jahrhundert, wurde ein Übeltäter ertappt, als er eben den Kaiserpalast ausrauben wollte. Man verurteilte ihn zu zwanzig Tagen Kerker. Der Kerker war jedoch, wie sich zeigte, kein gewöhnliches Gefängnis. Er bestand aus weissen Vierecken, die auf den nackten Boden gemalt waren.
Man führte den Räuber in die Mitte eines der gemalten Vierecke. Nur ein einziger anderer Mensch befand sich dort im angrenzenden Viereck: ein alter Mann mit langem Bart.
Der Räuber fragte: „Was ist denn das für ein Kerker?“
Der alte Mann sagte: „Der schlimmste, den es gibt auf der Welt. Sollte ein Gefangener je seine Linien überschreiten, so kommen alle Dämonen der Hölle und verschlingen ihn.“
Der Räuber war entsetzt und verharrte die vollen zwanzig Tage innerhalb der gemalten Striche. Nach Ablauf der Frist trat der alte Mann aus seinem Viereck heraus.
Der Räuber fragte: „Warum wirst Du nicht von den höllischen Dämonen aufgefressen?“
Der alte Mann antwortete: „Ich bin kein Gefangener. Ich bin der Wärter.“

(aus: Nury Vittachi, Shanghai Dinner)

Männer und Frauen

Männer und Frauen

Wie kommt es, dass es zwischen Männern und Frauen immer diese Probleme und Mißverständnisse gibt? Es wäre sicherlich viel besser gewesen, wenn Gott nur eine Art von Menschen erschaffen hätte und die Kinder auf eine andere Art auf die Welt kämen, mit dem Regen zum Beispiel.

(Aus: Alexander McCall Smith, Keine Konkurrenz für Mma Ramotswe)

… Kinder kommen mit dem Regen auf die Welt – das find ich doch mal eine originelle Idee! *lol*

Über die Vergänglichkeit

Über die Vergänglichkeit

 

Buddha III

In alter Zeit betrübte sich eine nachdenkliche Nonne über die Vergänglichkeit des Lebens.
Sie sagte zu ihrem Lehrer: „Alles vergeht. Der heutige Tag zog in Schönheit herauf, doch am Abend wird er versinken. Das Leben ist nur ein Atemzug. Der Mensch wird zum Sterben geboren. Welchen Wert hat das Dasein?“
Der Lehrer antwortete der Nonne: „Frage den Schmetterling. Frage die Kerze. Frage den Wassertropfen.“
Die Nonne ging zu einem heiligen Barnabaum. Seine weißen Blüten lockten Schmetterlinge an. Sie schaute zu und sah, dass jeder Schmetterling nur einen Tag lebte.
Die Nonne ging in den Tempel. Sie betrachtete die Kerzen vor dem Buddhaschrein. Sie sah, dass jede Kerze nach einer Stunde erlosch.
Die Nonne ging zu einem Fluss. Sie erkannte, dass er Millionen Wassertropfen mit sich führte. Sie sah, wie sie schneller, als man einen Becher Tee leeren konnte, an der Stadt vorbeiflossen, um niemals wiederzukehren.
Die Nonne ging zurück in das Lehrhaus. Sie sagte: „Das Leben vergeht wie ein Schmetterling im heiligen Barnabaum.“
Der Gärtner hörte sie und sagte: „Nein. Die Schmetterlinge erhalten die Pflanzen am Leben. Der Barnabaum ist älter als du. Er lebt seit hundert Jahren.“
Sie sagte: „Das Leben ist vergänglich wie die Kerzen im Tempel.“
Der Priester hörte sie und sagte: „Nein. Die Flamme im Tempel brennt schon lange. Sie brennt seit tausend Jahren.“
Sie sagte: „Das Leben vergeht wie Wassertropfen im Fluss, der an der Stadt vorüberfließt.“
Ein alter Fährmann hörte sie und sagte: „Nein. Der Fluss ist seit zehntausend Jahren da. Er wird noch in zehntausend Jahren da sein.“

So geht es auch uns, Grashalm. Manche sehen den Schmetterling, die Kerze und den Wassertropfen. Manche sehen den Baum, die Flamme und den Fluss.

(aus: Nury Vittachi, Der Fengshui-Detektiv und der Computertiger)

Selbstfindung

Selbstfindung

Aber du mußt darüber nachdenken,
wie es dir gelingt,
zu dir selbst zu finden.
Weil, dann hast du im Leben
nichts mehr zu befürchten.

(Aus: Das Königreich der Katzen)

Vor einigen Tagen habe ich mir den Film Das Königreich der Katzen (japanischer Anime, 2002, Studio Ghibli) angeschaut und dieses Zitat stach aus dem Film heraus, sozusagen als roter Faden des Films.

Bekenntnisse eines Schäfers

Bekenntnisse eines Schäfers

„Die Menschen reden oft merkwürdige Dinge“, dachte der Hirte. „Manchmal ist die Gesellschaft der Schafe wirklich vorzuziehen, sie sind stumm und suchen nur Wasser und Futter. Oder Bücher leisten einen Gesellschaft, die uns die aufregenden Geschichten immer nur dann erzählen, wenn wir sie hören möchten. Aber wenn man mit Menschen spricht, so kann es passieren, daß sie Dinge von sich geben, bei denen man nicht mehr weiter weiß.“

(Paulo Coelho, Der Alchimist)

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Lateinstunde

Lateinstunde

Dr. Orme saß wie in einer Altarnische hinter seinem Pult, und auf diesem stand die Sanduhr. Alle Körner mußten durch die Engstelle, um unten denselben Haufen zu bilden wie vordem oben. Der enstandene Zeitverlust hieß Lateinstunde.

(Sten Nadolny, Die Entdeckung der Langsamkeit)

Kupfermond

Kupfermond

Leider habe ich ihn heute Nacht nicht erblicken können, den Kupfermond. Und auch von der Mondfinsternis bekam ich nichts mit. Der Himmel war mit Wolken verhangen und im Nebel versenkt. Alles was man aus dem Fenster erblicken konnte, war ein grau-in-grau.
Statt schicken Photos gibt es an dieser Stelle ein Songtextausschnitt von meiner geschätzten Georgette Dee:

Nie wieder sah ich jenen Kupfermond
Doch Töne blieben klingen kleben
Und wachsen mir wie Federn wenn uralte Traurigkeiten
Mir den Atem nehmen
Kupfermond
Kupfermond

(Georgette Dee & Terry Truck, „Kupfermond“, Kupfermond, Viellieb Rekords 2000)