Rezension – Der Garten der alten Dame von Nikola Hahn

Rezension – Der Garten der alten Dame von Nikola Hahn

Nikola Hahn
Der Garten der alten Dame

Verlag: Thoni Verlag
Taschenbuch
Erschienen: Februar 2013
Preis: 9,90 Euro
Seiten: 148
ISBN: 978-3944177168

Inhalt:
Eli leidet sehr unter der Trennung ihrer Eltern. Auch die neue Wohnung mißfällt ihr. Zum Glück entdeckt sie bald in der Nachbarschaft einen geheimnisvollen Garten, der ihr Zuflucht bietet. Dort macht sie Bekanntschaft mit der mysteriösen Frau Meyer, einem Steintroll und einer verzauberten Eisenbahn. Gleichzeitig lernt sie Emma kennen, eine Aussenseiterin aus ihrer neuen Schule, die bald zu ihrer Freundin wird. Eli findet wieder Mut, entdeckt im Garten eine Welt voller Magie und lebt ein Stück weit ihren ganz eigenen Traum…

Meine Meinung:
Das Buch ist in vier verschiedenen Auflagen erhältlich, unterteilt in die vier Jahreszeiten. Der „Sommergarten“ ist das illiustrierte E-Book, der „Frühlingsgarten“ die farbig illustrierte Geschenkausgabe, der „Herbstgarten“ die sw-illustrierte Taschenbuchausgabe und der „Wintergarten“ das nicht illustrierte Taschenbuch. Meine Rezension bezieht sich auf den „Herbstgarten“. Schön sind hier die bearbeiteten Fotos aus dem eigenen Garten der Autorin. Auch schätze ich sehr die wunderbaren Sinnsprüche darunter und die lustigen Zeichnungen.

„Der Garten der alten Dame“ ist ein Märchenroman für im Herzen Junggebliebene. Es ist ein meditatives Buch, mit dem Fokus sich Zeit zu nehmen und seine Sichtweise auf die Welt zu überdenken.

Das Buch ist poetisch und einfühlsam geschrieben, mit Augenmerk auf die Pflanzen- und Gartenwelt. Man begleitet den Garten durch die vier Jahreszeiten, angefangen mit dem Herbst. Jede Jahreszeit bietet ihre ganz eigene Zauberwelt. Der Garten ist Elis Zufluchtsort, wenn ihre äußere Welt gerade mal zusammenbricht. Hier macht sie die Erfahrung, dass alles nicht so schlimm ist, wie sie glaubt. Das Jetzt ist nicht nur zerstörerisch, es trägt auch den Samen für etwas Wunderbares in sich, das ohne die Verwundbarkeit nicht möglich wäre. Die Vergangenheit ist vorbei und es macht keinen Sinn, sie zurückholen zu wollen. Alles ist gut, so wie es ist, auch wenn es zunächst nicht den Anschein hat. Man muss lernen, genauer hinzuschauen. Eli macht eine Verwandlung durch, sie ändert ihre Wahrnehmung und wird langsam erwachsen. Der Garten von Frau Meyer hat etwas zauberhaftes, denn so wirklich scheint er, so wie Emma ihn sieht, gar nicht zu existieren. Und die drei Freunde, die dort wohnen auch nicht. Doch dies ist Elis ganz eigene Realität und für Eli ist es die Wirklichkeit.

Elis Gefühle kann man sehr gut nachvollziehen und man läßt sich schnell auf dieses Abenteuer mit ihr ein. Toll finde ich, dass Eli so ein großer Fan von Ronja Räubertochter ist und mit ihrem Paps den Mattiswald unsicher macht. Diese Geschichte von Astrid Lindgren ist wirklich bezaubernd und ich kann es daher gut nachvollziehen, dass Eli sich gerne mit Ronja idendifiziert. Ronja ist stark, mutig, wild und verwegen. Sie gibt Eli Kraft.
Elis Vater ist sehr sympathisch, Elis Mutter dagegen weniger. Sie scheint ihrer Töchter nie richtig zuzuhören und schenkt ihr wenig Beachtung. Paps ist da ganz anders, er versteht Eli.
Frau Meyer gibt sich immer sehr geheimnisvoll und sagt rätselhafte, aber weise Sachen. Sie ähnelt sehr Elis geliebter verstorbener Oma Maria. Auch der Garten ähnelt Oma Marias Garten. Nikodemus ist eine Art Zenmeister in dieser Geschichte, der uns lehrt, die Dinge in aller Ruhe zu beobachten. Er beherrscht die Kunst, den Augenblick intensiv zu leben. Mit Rudi, der alten Spieleisenbahn, erlebt Eli fantastische Flugreisen. Sie sieht die Dinge einmal anders. Alles was vorher klein war, wird auf einmal riesig.
Emma ist in Elis Augen etwas zu korrekt und langweilig, aber dafür hat sie ein großes Herz. Eli fällt es anfangs schwer, Emma als Freundin zu akzeptieren. Die Trennung ihrer Eltern hat sie mißtrauisch gegenüber anderen Leuten gemacht. Anders ist es jedoch im alten Garten. Der Zauber, der von ihm ausgeht, macht es Eli ganz einfach, Frau Meyer, Nikodemus und Rudi zu vertrauen. Auch der Frau aus dem Blumenladen ist sie offen gegenüber.

Die Priorität der Perspektiven ist ein immer wiederkehrendes, schönes Thema in dieser Geschichte. Der Leser kann viel lernen, unter anderem, wie man einen Gang zurückschaltet und das Glück um sich herum einfach geschehen läßt. Dies ist ein Buch, das dem Leser Entspannung schenkt, ein Buch zum wohlfühlen. Dinge, die wir in unserem hektischen Alltag fast verlernt haben, führt uns dieses Buch noch einmal spielerisch zu Gemüte.
Das Buch liest sich sehr gut und zügig. Ich musste mich selbst beim Lesen bremsen, damit ich nicht zu schnell lese und etwas von dem Buch habe. Denn das Sich-Zeit-nehmen lohnt sich hier. Absatz für Absatz habe ich in mir nach klingen lassen und die Geschichte genossen. Sie hat mir eine kleine Auszeit geschenkt, meine Fantasie angeregt, mich wieder zum Kind werden lassen, mir die Freude am Gärtnern gezeigt, mich zu den wesentlichen Dingen zurückgeführt, mich über den Kreislauf des Lebens philosophieren lassen und damit nicht zuletzt auch über die Jahreszeiten. Ich holte mir aus den Zeilen Anregungen, meinen Blick auf die Dinge zu ändern, mehr Langsamkeit in mein Leben fließen zu lassen, die kleinen Dinge mehr zu schätzen und nach meinen Träumen zu suchen. Auch meine Leidenschaft für frischen Pfefferminztee blühte wieder auf. Denn nur zu gerne möchte ich mit Eli und Frau Meyer in ihren Garten sitzen und mit den beiden Erdbeer-Minztee trinken.

Fazit:
Der einfühlsame Schreibstil der Autorin nimmt den Leser mit auf eine fantasievolle Reise, die tiefe Spuren hinterlässt. Man kann beim Lesen nicht anders, als sich mit in dieses Buch einzubringen. Viele Sätze, vor allem von Frau Meyer und dem Troll Nikodemus, klingen lange nach und regen zum nachdenken an.

5 von 5 Sterne

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