Rezension – Blind Date von Brigitte Blobel

Rezension – Blind Date von Brigitte Blobel

Blind Date von Brigitte Blobel
Verlag: Arena
ISBN: 978-3-401-06307-2
Erschienen: Februar 2011
Seiten: 282
Preis: 13,99 Euro
Empfohlenes Alter: 12 – 13 Jahre

Inhalt:
Zoe ist 17 Jahre alt, lebt in Berlin und ist seit drei Jahren blind. Ihre Netzhaut fing einfach an, sich abzulösen und die Ärzte konnten gar nichts dagegen tun. Zoe mußte alles neu lernen, sich neu orientieren, ihr Gehör und ihren Geruchssinn trainieren, die Brailleschrift lernen und wie man draussen auf der Strasse und in den U-Bahnen klar kommt. Das Leben ist für sie manchmal wie ein böser Albtraum. Alles ist plötzlich anders und nichts ist mehr so schön bunt wie früher.
Doch dann lernt Zoe eines Tages Lennart kennen, durch Zufall. Denn Zoe arbeitet im Callcenter eines Telefonnetzanbieters. Und plötzlich hat Zoe Lennart an der Strippe und soll ihm einen Vertrag aufschwatzen. Aus dem Vertrag wird leider nichts, dafür aber hat Zoe Lennarts Herz erobert. Doch wie sagt sie ihm nur, dass sie blind ist? Anfangs telefonieren die beiden nur. Doch Lennart will mehr, will sie endlich kennenlernen. Dann ist es soweit, das Blind Date steht an, ein Blind Date mit doppelter Bedeutung. Eigentlich wollte sie nicht, doch Sonja, ihre Mitbewohnerin hat sie überredet. Sonja kümmert sich gerne um sie. Wie wird Lennart aber auf Zoe reagieren? Und was ist auf einmal mit Sonja los? Warum ist sie so feindselig? Kann es eine Zukunft für Zoe und Lennart geben?

Cover und Titel:
Das Cover ist in Grautönen gehalten. Auch das Frontfoto ist schwarz-weiss. Das gefällt mir. Die Grautöne vermitteln mir den Eindruck, dass es sich um kein oberflächliches Buch handelt, sondern dass dieses Buch in die Tiefe geht. Die lila Schrift beim Namen des Autors sagt zudem aus, dass es hier um Frauen- bzw. Mädchenliteratur geht. Das Foto finde ich treffend gewählt, auch wenn mich der Mund etwas stört.
Den Titel finde ich witzig und einfallsreich. Er spricht von einer doppelten Bedeutung des Wortes Blind Date, dem Date mit jemand unbekannten und dem Date mit jemand, der blind ist. Das Wortspiel finde ich gelungen und passend für das Thema des Buches.

Autorin:
Von der Autorin hatte ich vor diesem Buch noch nichts gehört, bin aber froh, dass ich nun mit ihr bekannt geworden bin. Dieses Buch war ein guter Einstieg für mich. Ich habe mir vorgenommen, in Zukunft noch weitere Werke von Brigitte Blobel zu lesen.
Nach den aufgeführten Buchtiteln auf der Umschlagseite zu urteilen, schreibt die Autorin keine einfachen, belanglosen Romane, sondern setzt sich mit aktuellen Problemen im Jugendalter auseinander.

1. Seite:
Wichtig und aussagekräftig finde ich immer die erste Seite eines Buches.
Was verrät hier die erste Seite? Was deutet sie an?
Auf den ersten Blick erscheint alles normal. Zoe ist ein Mädchen, dass in einer WG wohnt und morgens zur Arbeit geht. Einzigst die Beschreibung der Strassengeräusche ist auffällig. Ansonsten deutet noch nichts darauf hin, dass Zoe blind ist.
Die erste Seite klingt vielversprechend und macht Spaß. Man wird neugierig gemacht und bekommt direkt Lust weiterzulesen.

Erzählstil:
Das Buch liest sich gut, schnell und flüssig. Es ist amüsant und spannend geschrieben. Interessant ist auch die neue Perspektive, die man als Leser gewinnt, die Erlebniswelt einer Blinden.
Die Geschichte unterteilt sich in 24 Kapitel auf 282 Seiten. Somit sind die Kapitel kurz gehalten und man kann sich gut von einem Kapitel zum nächsten lesen. Wenn man gerade wenig Zeit hat, kann man das Buch auch nur mal kurz in die Hand nehmen und nur ein Kapitel verfolgen.
Die Geschichte wird in der dritten Person erzählt. Das verleiht dem Leser einen Abstand zum Geschehen. Ich persönlich ziehe Romane vor, die einen Ich-Erzähler haben. Nun, zu dieser Story passt es dennoch, denn wer von uns Lesern kennt schon jemanden, der blind ist, geschweige denn, hat sogar einen blinden Partner. Von daher bringen wir als Leser schon eine Distanz zum Geschehen mit.
Interessant ist es, dass die Autorin zwei verschiedene Erzählperspektiven benutzt. Eindeutig steht die Darstellung des Erlebten aus Sicht von Zoe im Mittelpunkt. Ergänzend gibt es aber immer wieder halbe oder ganze Kapitel, wo aus der Sicht von Lennart die Dinge beschrieben werden. Toll ist, dass der Leser so aus beiden Blickwinkeln die aufkeimende Liebesgeschichte verfolgen kann. Ein Luxus, den man im eigenen Leben leider nicht hat.
Der Schreibstil der Autorin ist schlicht und modern gehalten. Ich habe mich beim Lesen immer wieder über das Alter der Autorin gewundert (Jahrgang 1942). Beim Lesen könnte man denken, eine Jugendliche habe dieses Buch selbst geschrieben.
Sehr einfühlsam beschreibt die Autorin die Gefühlswelt von Zoe. Man kann gut nachvollziehen, wie eine Blinde die Dinge um sich herum wahrnimmt. Die Beschreibung von Geräuschen, Gerüchen und Hindernissen, denen Zoe begegnet, ist faszinierend. Im Gegensatz zu Zoe überwiegt in der Perspektive von Lennart der visuelle Eindruck.

Charaktere:
Zoe ist eindeutig die Hauptfigur in diesem Roman, auch wenn oft die Geschichte ebenfalls aus Lennarts Sicht beschrieben wird. Ich hatte anfangs überlegt, ob es hier vielleicht zwei Protagonisten geben könnte, bin dann aber schnell zu der Meinung gewechselt, dass die Handlung um Zoe kreist.
Zoe ist Schülerin, wohnt in einer WG und hat einen Ferienjob. Ihr großes Hobby ist, Songs auf ihrer Gitarre zu komponieren. Ihre WG, also Sonja, Bertie und Jonas, ist ihre Ersatzfamilie. Ihre Eltern sind zu anstrengend, machen sich immer so viele Sorgen. Deshalb mußte sie da weg und selbstständig werden.
Zoe glaubt, sie gewöhne sich nie an die Blindheit. Sie hofft immer noch auf die Ärzte, dass sie ihr in Zukunft helfen können. Zoe will nicht mehr die Arme sein, sie will nur ein ganz normales Mädchen sein.
Als Zoe Lennart kennenlernt, gehen ihre Gefühle mit ihr durch. Sie leidet sehr, wartet ständig am Telefon, dass er anruft und macht sich dabei schlecht. Sie glaubt nicht daran, dass er sie mögen könnte. Das hat Sonja ihr ja auch schön ausgeredet. Wo andere in ihrem Alter die Pupertät durchleben, muss Zoe lernen zu überleben, lernen,  in einer neuer, in einer blinden Welt zurecht zu kommen.
Mit Zoe zu sympathisieren fiel mir von Anfang an leicht. Schnell fühlte ich mich in sie hinein. Das war nicht schwer, denn die einfühlsamen Beschreibungen von Zoes Innenleben packten mich. Zuerst war es interessant, die Dinge mit anderen Augen zu sehen, und auch teilweise schockierend und deprimierend. Doch dann entdeckte ich bei ihr Gefühle, die ich selber bei mir kannte. Sind wir nicht alle so verletzlich und sensibel, wenn wir verliebt sind. Und diese negativen, zerstörerischen Gedanken, dass der Typ sich bestimmt nie wieder melden wird. Ja, da muss ich lächeln. So habe ich auch schön öfters gedacht.

Lennart ist zwar im gleichen Alter, aber so ganz anders als Zoe. Ferien, das heißt für Lennart Party, WM gucken und ausschlafen. Verantwortung ist eher ein Fremdwort für ihn. Seine Freundin Tina scheint ihm auch ziemlich egal zu sein. Wenn ein WM-Spiel läuft, dann zieht er mit seinem Freund Manni auf die Fanmeile, dann denkt er nicht mehr an Tina und Zoe. Dabei wartet Zoe so dringend auf seinen Anruf. Da frage ich mich, was ihm denn die Liebe überhaupt bedeutet. Lennart scheint nichts ernst zu nehmen, ausser seinen Spaß. Lennart ist verwöhnt. Seine Eltern sind reich, haben sogar eine Putzfrau und er scheint immer alles zu bekommen, was er will.
Eins hat Lennart jedoch mit Zoe gemeinsam, er spielt in einer Band und schreibt die Songs.
Und dann zum Ende der Geschichte erlebt auch Lennart eine Entwicklung. Er beginnt, Verantwortung zu übernehmen, kümmert und sorgt sich um Zoe und verteidigt sie sogar gegen seine Eltern.
Lennart war mir anfangs eher unsympathisch. Ich habe ihm nicht getraut, habe ihn für oberflächlich gehalten und mir Sorgen um Zoes Gefühle gemacht. Zum Ende hin bin ich fast genauso überrascht wie Zoe, dass in Lennart ein guter Kerl steckt. Und ich freue mich über das gemeinsame Glück der beiden.

Von Sonja war ich anfangs ganz begeistert. Sie kennt sich mit Blinden aus, unterstützt und kümmert sich um Zoe. Sie macht ihr Mut. Geht mit ihr zum Friseur, macht sie schick für das Date und redet ihr gut zu. Doch dann kommt die Wende. Sonja sieht Lennart und verliebt sich in ihn. Und sie versucht alles, um Zoe auszustechen, wird dabei sogar richtig unverschämt gemein. Sie verwandelt sich von einer liebevollen, sich kümmernden Freundin in eine egoistische, eifersüchtige Furie. Ich bin sehr überrascht und kann nur Partei für Zoe ergreifen.

Fazit:
Eine sanfte und ungewöhnliche Liebesgeschichte. Ein Buch über die erste große Liebe und viele große Gefühle, freudige, wie frustrierende.
Ich halte Blind Date für ein gutes Jugendbuch. Es liest sich leicht. Und ich finde es schön, wenn Jugendliche mal eine andere Sichtweise kennenlernen und nicht alles als selbstverständlich nehmen.

4 von 5 Sterne

Vielen Dank an den Arena-Verlag für dieses Rezensionsexemplar!

8 Gedanken zu „Rezension – Blind Date von Brigitte Blobel

  1. @Alais:
    Oh, das freut mich sehr, dass Dir meine Rezension gefällt!
    :yippie:
    Und ich freue mich auch, dass ich Dich für dieses Buch begeistern konnte.
    Es ist wirklich ein schönes Buch!

  2. Danke für die sehr ausführliche Beschreibung. Klingt nach einer typischen Brigitte Blobel: einfühlsame Beschreibung von Jugendlichen und ihren Gefühlen und Gedanken – oftmals in speziellen Situationen / mit speziellen Schicksalen. Wenn dir das gefallen hat, kann ich dir nur andere Jugendbücher von ihr ans Herz legen.

    In den 90ern gabs beim Schneider-Verlag ne Reihe „Gefühlssachen“ (evtl. gibts die heut immer noch?) von ihr – die Bücher hatte ich innerhalb von 1 Tag durch (ich konnte einfach nicht mehr mit Lesen aufhören).

    Echt, die Autorin ist Jahrgang 42?! Ich hätte sie deutlich jünger geschätzt.

  3. @Katrin:
    Oh ja, ich möchte noch mehr von ihr lesen!
    :chearleader:
    Jup, Jahrgang ’42. Hab ich grad noch mal nachgelesen.
    Mir gefallen die einfühlsamen Gefühlsbeschreibungen und die speziellen Situationen.

  4. Hallo,tolle Rezi zu BLIND DATE von Brigitte Blobel.Sie hat schon wahnsinnig viele Bücher geschrieben seitenweise auch gute Krimis (MÖRDERHERZ) und normale g Erwachsenenbücher.Aber der Schwerpunkt liegt auf tiefsinnigen jugendbüchern auch über Magersucht,SSV.Coming out etc.Versteh aber nicht warum nur 3 Punkte sichtbar sind obwohl du 4 Sterne vergebenhast ? LG PETER

  5. @Peter:
    Echt? Sie schreibt auch Krimis? Das wußte ich ja noch gar nicht.
    Bei mir werden 4 Sterne angezeigt. Hmm. ???

  6. Ich habe dieses Buch selbst gelsesen und finde es sehr schön. Wir müssen in der Schule unser Lieblingsbuch vorstellen und ich habe dieses Buch ausgewält. ; )

    Deine Rezi trifft es genau. Danke dafür.

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